Riccarda wirbelte durch die vollgepackte Straßenbahn, ein buntes Sammelsurium an Weihnachtsgeschenken in ihrem großen Stoffbeutel. Zwischen zwei glitzernden Kugeln und einem selbstgestrickten Schal telefonierte sie mit ihrer besten Freundin und plauderte ausgiebig über die neuesten Klatsch und Tratsch aus der Nachbarschaft. So sehr sie in ihr Gespräch vertieft war, dass sie ihre Haltestelle völlig verpasste. Als sie schließlich aus ihrer Trance erwachte, war die Bahn bereits am Endhaltepunkt angekommen.
Mit einem Seufzer schulterte sie ihren Beutel und stieg aus. „Na toll, jetzt muss ich den ganzen Weg zurücklaufen“, murmelte sie vor sich hin. Dabei fiel ihr auf, dass ihr Beutel plötzlich viel leichter war. In Panik durchsuchte sie ihre Taschen und die Sitzbank – kein Beutel! Verzweifelt rannte sie zurück zur Haltestelle, doch die Bahn war natürlich längst verschwunden. Mit Tränen in den Augen machte sie sich auf den Heimweg. Alle ihre sorgfältig ausgewählten Geschenke waren weg.
Spät am Abend, als Riccarda gerade die Hoffnung aufgegeben hatte, klingelte es an der Tür. Müde öffnete sie und traute ihren Augen nicht: Vor ihr stand der Straßenbahnfahrer, in der Hand ihren verlorenen Beutel. „Entschuldigung für die Störung“, sagte er lächelnd, „ich habe Sie in der Bahn erkannt und Ihren Beutel gefunden. Da Sie Ihre Haltestelle verpasst hatten, habe ich ihn mitgenommen.“
Riccardo war sprachlos. „Sie sind mein neuer Nachbar, oder?“, fragte er und deutete auf das Schild am Haus gegenüber. Riccardo nickte verlegen. „Das ist ja unglaublich! Vielen Dank!“, rief sie aus und lud ihn spontan ein, zu ihr zu kommen. „Ich backe gerade Plätzchen. Möchten Sie eine Tasse Tee trinken?“
Der Straßenbahnfahrer nahm die Einladung dankend an und so saßen sie bald zusammen in Riccardas gemütlicher Küche, lachten über das kuriose Zusammentreffen und teilten Plätzchen. Während des Abends stellte sich heraus, dass sie beide eine Leidenschaft für alte Filme und skandinavische Krimis teilten. Die verlorene Geschenktüte hatte nicht nur zu einem unerwarteten Wiedersehen geführt, sondern auch zu einer neuen Freundschaft. Und wer weiß, vielleicht würde aus dieser Straßenbahnromantik ja noch mehr werden?